AUSSCHLUSS BESTIMMTER KREBSERKRANKUNGEN IN EINER „VERSICHERUNG BEI SCHWEREN KRANKHEITEN“ WIRKSAM
Eine Vertragsbedingung in einer „Versicherung bei schweren Krankheiten“ (sog. Dread Disease Police), die vorsieht, dass die Versicherung bei einer Carcinoma in situ nicht leisten muss, ist wirksam.
Die Klägerin hatte vor einigen Jahren eine sog. Dread Disease (Schwere Krankheiten) Police abgeschlossen. In dieser Police sind auch Krebserkrankungen mitversichert. In einer Ausschlussklausel in den AVB sind jedoch Carcinoma in situ von der Leistung ausgenommen.
Als Carcinoma in situ (CIS) (wörtlich: „Krebs an Ort und Stelle“) wird ein Frühstadium eines epithelialen Tumors ohne invasives Tumorwachstum bezeichnet, welcher ausschließlich intraepithelial wächst, z. B. in der obersten Haut- oder Schleimhautschicht oder in den Milchgängen der Brustdrüse. Das Carcinoma in situ metastasiert nicht, d. h. es kann keine Absiedelungen in Lymphknoten oder in anderen Organen bilden.
Einige Jahre später erkrankte die Klägerin an einer milderen, nicht streuenden Variante von Brustkrebs. Die Versicherung verweigerte unter Berufung auf die o.g. Klausel in den AVB die Leistung. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass Sie bei Abschluss des Vertrages berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass sämtliche Formen einer Krebserkrankung versichert seien und zu einer Leistung führen müssten. Somit sei der in den AVB „versteckte“ Leistungsausschluss überraschend im Sinne von § 305c BGB und somit nichtig.
Das OLG Oldenburg entschied (Beschluss vom 10.12.2009 -5 U 87/09-) jedoch anders und erklärte die Klausel in den AVB für wirksam.
Sehr interessant aus meiner Sicht die Argumentation des Gerichtes – die auch auf jede andere Versicherungsform übertragbar sein dürfte:
AVB seien so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusam-menhangs verstehen müsse. Wenn sich die Klägerin informiert hätte, was man unter Carcinoma in situ verstehe, wäre ihr nach Ansicht des Gerichtes schnell klar geworden, was mit diesem Ausschluss in den AVB gemeint war. Somit hatte der Versicherer die Klägerin nicht im Unklaren gelassen: Die Klausel ist wirksam.
In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Wie bereits das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, können Verträge der streitgegenständlichen Art über den Ein- oder Ausschluss bestimmter Krankheiten ohne die genaue Definition der jeweiligen Krankheiten nicht sinnvoll ausgestaltet werden. Insbesondere kann für die Bestimmung des konkreten Versicherungsumfangs nicht etwa auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt werden. Zur sachgerechten Beurteilung ist es vielmehr erforderlich, auf die jeweils maßgebliche Definition im medizinischen Sinn zurückzugreifen. Dies muss umso mehr gelten, als der medizinische Laie regelmäßig nur recht vage Vorstellungen über die jeweilig betroffenen Krankheitsbilder haben dürfte.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird daher von vornherein damit rechnen, dass sich in den AVB zunächst als primäre Leistungsbegrenzung die Definitionen der Krankheiten finden, für die das Leistungsversprechen des Versicherers grundsätzlich gelten soll. Ebenso wird er damit rechnen, dass sich als sekundäre Risikobegrenzung Ausschlüsse für bestimmte Konstellationen finden, wie es auch hier der Fall ist.“
Hier sagt das Gericht im Prinzip das, was ich meinen Kunden immer wieder empfehle:
VOR einem Vertragsabschluss die Vertragsbedingungen sorgfältigst lesen (lassen)!!!
Ein guter Berater wird sich immer die Zeit nehmen, bei Bedarf seinem Kunden die Bedeutung einzelner Formulierungen in den AVB zu erläutern und transparent zu machen.
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