BEWEISLAST IN DER BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG
Ein Versicherungsnehmer, der Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung beziehen möchte, hat grundsätzlich sämtliche Voraussetzungen des Vorliegens eines Versicherungsfalles zu beweisen. Die alleinige Tatsache, dass ein Versicherter bereits mehrere Jahre krank geschrieben ist, reicht als Beweis nicht aus. Gibt es Zweifel an der Feststellung der medizinischen Voraussetzungen, so gehen diese zu Lasten des Versicherten.
Oberlandesgericht Frankfurt/M., Urteil vom 18. 01.08 (Az.: 3 U 171/06)
Der Kläger hatte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Später wurde er wegen von ihm behaupteter Schmerzzustände mehrere Jahre krank geschrieben und bezog von seinem Krankenversicherer das dort versicherte Krankengeld. Dann stellte der Krankenversicherer die Leistung ein. Dabei berief er sich unter anderem darauf, dass dem Kläger inzwischen eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wurde.
Jetzt versuchte der Mann, von seinem BU- Versicherer die versicherte Rente bei Berufsunfähigkleit zu erhalten: Er sei nicht in der Lage, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, ebensowenig könne er seine früher ausgeübten Tätigkeiten fortsetzen. Ein hinzugezogener orthopädischer Sachverständiger konnte allerdings keine Erkrankung feststellen, die die Beschwerden und Beeinträchtigungen verursachen konnte, die der Kläger behauptete.
Auch ein weiterer Sachverständiger für Neurologie und Psychiatrie konnte nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Kläger zu mindestens 50% berufsunfähig sei, auch wenn er die Möglichkeit einer neurologischen oder psychosomatischen Erkrankung nicht ausschliessen wollte.
Vor Gericht wurde nun die Forderung des Klägers auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass Beschwerden im Sinne von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall vorliegen, die ausreichen, um eine Leistung des Versicherers zu erlangen. Grundsätzlich habe ein Versicherter, der Leistungen aus einer BU-Versicherung verlange, sämtliche Voraussetzungen des von ihm behaupteten Versicherungsfalles zu beweisen. Eine sog. „Verdachtsdiagnose“ reiche hier nicht aus – so das Gericht. Mögliche Zweifel an der Berufsunfähigkeit gehen also zu Lasten des Versicherten.
Erschwerend kam hinzu, dass der Kläger seine Krankheitssymptome nach Überzeugung des zweiten Sachverständigen stark übertrieben dargestellt hat. Auf diese Weise hat er die zuverlässige Feststellung einer möglichen Berufsunfähigkeit vereitelt. Die Folgen dieser Übertreibungen gehen auch zu seinen Lasten.
Auch die Tatsache, dass der Kläger über mehrere Jahre hinweg krankgeschrieben war, reicht nicht als Indiz für eine Berufsunfähigkeit aus. Maßgeblich sind ausschließlich die Feststellungen der medizinischen Sachverständigen.
Das Gericht ließ eine Revision gegen die Entscheidung nicht zu.